SUSTAINABLE URBANISM

Der zweite internationale Kongress des Council for European Urbanism (C.E.U.) in Leeds, England, vom 9. bis 11. November 2006

Harald Bodenschatz auf der Konferenz (9.-11. November 2006) in Leeds.

Die Überraschung war gelungen: Die Kongressstadt Leeds präsentierte sich als ideale „Kulisse“ für den zweiten internationalen Kongress der europäischen Städtebaureformer, die sich zum Thema der „nachhaltigen Stadtentwicklung“ in dieser ehemaligen Industriestadt im Norden Englands versammelt hatten. Leeds bot sich als eine komplett „post-industrialisierte“ Stadt dar, die sich in einem Aufwärtstrend befindet. Neben dem benachbarten Manchester, das ja seit langem als Musterstadt eines solchen Umbaus gilt, stand Leeds im Schatten. Etwas zu Unrecht, wie sich während der Tagung offenbarte.

„Nachhaltigkeit“ ist ein Thema, das auf den ersten Blick kein „Renner“ zu sein scheint, der die Fachöffentlichkeit noch zu bewegen vermag. Doch angesichts der gravierenden Wandlungen im sozialen und demografischen Bereich der Städte, in der Arbeitswelt, aber auch im Umweltsektor gewinnt die fast 20 Jahre alte Strategie der nachhaltigen Entwicklung eine neue Brisanz, so jedenfalls der Tenor des Kongresses. Mehr denn je stellt sich die Frage nach praktikablen Wegen und Methoden für eine dauerhaft tragfähige Stadt- und Regionalentwicklung in Europa. Da bot Leeds eine geradezu ideale „Folie“, um sehr konkret die Erfolge wie Schattenseiten des Abschieds von der Stadt-Region der Industriegesellschaft exemplarisch zu diskutieren und in Augenschein zu nehmen.

Großbritannien hat sich im Regierungsprogramm der nachhaltigen Stadtentwicklung verschrieben und praktische Erfolge bei der Umsetzung dieses auch als „Urban Renaissance“ bezeichneten staatlichen Programms erzielt: wirtschaftliche Prosperität, ansprechender Städtebau und zugleich eine nominale Senkung des CO 2-Ausstoßes – das kann sich in Europa sehen lassen. Großbritannien präsentiert sich als ein Vorreiter des postindustriellen Stadtumbaus in Europa. Doch wo Licht ist, entsteht bekanntlich auch mancher Schatten: Die Schar der Verlierer dieses Umbaus ist gewachsen, im Falle Leeds zwar nicht in gleichem Maße, wie neue Arbeitsplätze im tertiären Sektor geschaffen wurden, aber in beträchtlichem Maße dennoch. Hier liegt offenbar die größte Herausforderung, neben der des allgegenwärtigen Klimawandels. C.E.U. will sich diesen beiden zentralen Zukunftsthemen zuwenden, so könnte ein Ergebnis des Kongresses lauten.

Neben der Erörterung des nachhaltigen Umbaus der Stadt-Regionen der Industriegesellschaft in Europa stand der Blick auf Entwicklungen außerhalb des Kontinents auf der Tagesordnung. So pendelte die Debatte zwischen Jerusalem, Havanna oder New Orleans und griff vor allem die kulturellen Fragen der Stadtentwicklung auf. Dabei zeigte sich, wie groß der Bedarf an internationalem Austausch und wie wichtig dafür eine Plattform wie der C.E.U. ist.

Noch ist C.E.U. eine junge und erst im Aufbau befindliches europäisches Netzwerk: Doch der zweite internationale Kongress bewies, dass C.E.U. – trotz noch so mancher „offener Masche“ im Netz, hier sind vor allem die südeuropäischen Länder, aber auch Osteuropa zu nennen – allmählich auf dem Wege zu einer offenen Organisation ist, die dem dringenden Bedarf an Austausch über den Umbau der europäischen Stadt-Regionen aus transdisziplinärer Perspektive und vor dem Hintergrund verschiedenartiger Erfahrungen in Europa und Amerika eine angemessene Struktur zu bieten vermag.

Im nächsten Jahr vereinbarten die Teilnehmer, sich in Oslo zu treffen: 20 Jahre nach dem Brundtland-Report, und mit der Namensgeberin als Schirmherrin, will sich C.E.U. der Frage nach konkreten Schritten bei der Stadtentwicklung zur Reduzierung des Klimawandels und zur Auseinandersetzung mit dessen Folgen widmen. Damit werden die C.E.U.-Debatten von Berlin 2005, „Brücken bauen“, und Leeds 2006, „Neue Nachhaltigkeit denken“, weiter geführt. Gleichzeitig richteten die Teilnehmer den Blick auf das Jahr 2010, das zu einem „Europäischen Jahr des Städtebaus“ werden könnte. Aber auch darüber wird noch zu diskutieren sein.

Dr. Harald Kegler
Board Member of C.E.U.

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