Pressemitteilung
Am 8. und 9. April 2005 trafen sich etwa 50 Mitglieder des CEU-Netzwerkes in Worms und der Region Rhein-Neckar-Dreieck zu ihrer Jahrestagung. Das erst vor einem halben Jahr gegründete deutsche Netzwerk, das Teil von CEU-Europe ist, hatte Worms und die Region gewählt, weil es sich hier um eine der interessantesten Initiativen zur Regionalentwicklung in Deutschland handelt, die mit den Prinzipien des Council for European Urbanism korrespondiert. Die Stadt Worms spielt dabei eine wichtige Rolle. Dies kennen zu lernen, darüber zu diskutieren, Erfahrungen aufzunehmen und weiterzugeben, aber auch kritisch zu erörtern, war das Ziel der Tagung.
Schon am ersten Tag in Worms wurde eine Kontroverse eröffnet: Die Stadt Worms tut viel für ihr Image; die kulturellem high-lights sind weithin bekannt. Ob dies der Dom, die Niebelungen-Festspiele oder das jüdische Viertel sind, Kultur steht weit oben auf der Agenda des Stadtmarketings. Das ist zweifelsohne zu begrüßen. Doch wurde in der Vergangenheit zu wenig Wert auf die Städtebaukultur und die Verankerung in der Region gelegt. Der stellvertretende Oberbürgermeister schätzte dies auch selbstkritisch ein. Erst in jüngster Zeit sind die Akzente verändert worden. Die Teilnehmer begrüßten diese Ausrichtung auf die städtebauliche Qualität und regionale Vernetzung. Beides ist unverzichtbar für eine Strategie der Zukunftssicherung in einem Europa der Regionen. Konversionsprojekte wie das der ehemaligen Prinz Carl Kaserne, die zugleich der Tagungsort von CEU Deutschland war, setzen hier Maßstäbe.
In zwei Vorträgen am ersten Tag, die sich dem Vergleich der Regionalentwicklung des Rhein-Main-Gebietes um Frankfurt und des Rhein-Neckar-Dreiecks widmeten, verdeutlichten gravierende Unterschiede: sind es im Frankfurter Raum vor allem die öffentlichen Verwaltungen und die Politik, die die regionale Entwicklung betreiben und dabei allzu oft im Kirchturmsdenken stecken bleiben, so ist die regionale Entwicklung am Neckar sehr stark durch die privaten Akteure, vor allem der BASF geprägt. Natürlich gibt es auch hier politische Egoismen, aber es gelang ein Schulterschluss. Nicht zuletzt hat die in Aussicht stehende Aufnahme in den Kreis der Metropolregionen Deutschlands eine motivierende Wirkung gezeitigt. Initiativen wie z. B. URBAN plus, die mit konkreten Projekten untersetzt sind, schaffen die notwendige Glaubwürdigkeit regionaler Kooperation. Ob dies auch in Zukunft tragfähig sein wird, bleibt als Frage offen. Die Kooperation im Alltag wird der Prüfstein sein, wenn die Aufmerksamkeit der Medien etwas verflogen sein wird und z. B. die Verteilung knapper werdenden Mittel auf der Tagesordnung steht.
Am zweiten Tag stand die Besichtigung und Erörterung von regionalen Projekten im Zentrum. Beim Thema Umweltbahnhöfe – am Beispiel Grünstadt – wurden von den Teilnehmern Widersprüche ausgemacht. Einerseits ist diese Initiative des Landes und der Kommune sehr begrüßenswert. Den öffentlichen Nahverkehr derart zu unterstützen und mit markanten Projekten in das öffentliche Bewusstsein zu rücken verdient Anerkennung. Dies ist in anderen Bundesländern nicht in vergleichbarer Weise der Fall. Andererseits wurde vermisst, dass sich hier konsequent das Thema Ökologie bis in die Gestaltung der Umgebung fortsetzt und ein urbanes Leben entfaltet. Vielmehr ist eine ungebremste Ausbreitung einer Zersiedlung zu beobachten, die den Umweltbahnhof droht „auszutrocknen“. Ein Thema das nicht nur für Grünstadt zutrifft. Wenn in Deutschland täglich ca. 100 ha Land betoniert werden, dann ist das ein Alarmsignal. CEU möchte dies ändern – ein zentrales Anliegen des Netzwerkes.
In Ludwigshafen besichtigten die Teilnehmer mehrere mustergültige Wohnprojekte. Sowohl die städtische als auch die Wohnungsgesellschaft der BASF haben hier gleich an mehreren Stellen begonnen, den energieorientierten Umbau des Wohnungsbestandes zu praktizieren. Passivhäuser, „Energie-Gewinn-Häuser“ zu niedrigen Mieten, das ist etwas, was bundesweit Maßstäbe setzt. Von den Wohnungsgesellschaften sind die Zeichen der Zeit erkannt worden: das Öl geht dem Ende entgegen; die Umstellung auf regenerative Energien wird zum Gebot der Stunde, um zukünftig bezahlbaren Wohnraum zu haben. Damit wurde ein weiteres Anliegen von CEU sichtbar: die Schonung der natürlichen Ressourcen, die Umstellung auf erneuerbare Energie und die Umstellung des Baubestandes auf Zukunftstechnologien.
Zum Schluss trafen sich die Teilnehmer beim Regionalverband Rhein-Neckar-Dreieck in Mannheim, um über Geschichte und Zukunft der regionalen Kooperation zu diskutieren. Es gehört zu den Besonderheiten dieser Region, dass sie von engagierten Akteuren der öffentlichen Hand, von Privaten und einer Vielzahl von Initiativen partnerschaftlich getragen wird. Es ist nichts „Verordnetes“. Der Staatsvertrag regelt nur die notwendigen Rahmensetzungen, „gemacht wird die Region von unten“. Vergleicht man diesen Prozess mit anderen Regionen an Ländergrenzen in Deutschland, dann kann auch hier vieles vom Rhein-Neckar-Dreieck gelernt werden. Dennoch sollte keine Selbstzufriedenheit aufkommen. Mit dem Wandel in Europa, dem Wandel der industriellen Arbeit und den Änderungen im Energiesektor werden große Herausforderungen zu meistern sein. Die BASF wird zwar weiterhin eine Säule in der Region bleiben, aber die europäische und internatonale Konkurrenz schläft nicht. Rationalisierung in ganz neuen Dimensionen steht auf der Tagesordnung. Wie kann das eine Region auffangen? Kooperation, Sicherung und Erneuerung der städtebaulichen Qualitäten, die sich an den Traditionen der europäischen Stadt orientieren, und Innovation im Bildungsbereich, bei der regionalen und landschaftlichen Entwicklung sowie in der Forschung sind die Schlüssel für die Zukunft der Region. Die Teilnehmer konnten sich davon überzeugen, dass an diesen Themen sehr intensiv gearbeitet wird. CEU wird die städtische und regionale Entwicklung in Worms und im Rhein-Neckar-Dreieck weiter verfolgen und den Erfahrungsaustausch befördern.
V.i.S.d.P. Dr. Harald Kegler, CEU Deutschland
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Ferropolis/Dessau, 2005-04-10